Phönix aus der Asche – die älteste Normalspurdiesellok der Schweiz - Oensingen-Balsthal-Bahn AG

Phönix aus der Asche – die älteste Normalspurdiesellok der Schweiz

02.12.2023 15:00:00 | barbara.riser@oebb.ch

Fünf Mal dem Teufel ab der Schippe gesprungen – die älteste Normalspurdiesellok der Schweiz 

Wir schreiben das Jahr 1923 – also vor 100 Jahren. SBB und die schweizerische Postverwaltung (PTT) transportieren immer mehr Briefe und Pakete. Schon damals waren Postwagen unterwegs, in welchen gelagert, sortiert und transportiert wurde. Um den steigenden Verkehr im Griff zu behalten, wurden die Postzentren Zürich, Bern, Basel und Lausanne in Betrieb genommen. Um die zahlreichen Postwagen zu rangieren, wurden Lokomotiven benötigt, welche auch fahrleitungslose Abschnitte befahren konnten.

1929 bestellte die Post bei der schweizerischen Lokomotivfabrik Winterthur SLM ihre erste Diesellokomotive Nr. 1. Nach heute unvorstellbaren 6 Monaten wurde die Lok bereits abgeliefert. Ausgerüstet war die Lokomotive mit einem 150 PS starken SLM-Dieselmotor und konnte so eine Dampflokomotive personell und traktionsmässig ersetzen. Nach Einsätzen in Zürich und Bern wurde die Lok nach Lausanne versetzt. Um 1960 wurde die Lok bei der Post überflüssig und sie wurde einem Alteisenhändler in Thörishaus verkauft. Hier sollte die Lok verschrottet werden, aber sie sprang dem Teufel ab der Schippe und der Alteisenhändler schenkte ihr mit dem Verkauf an die Gonzenbergwerk Sargans AG ein weiteres Leben. In Sargans wurde die Lok für die schweren Erzzüge von der Verladestelle zum Bahnhof eingesetzt. Schon bald war sie aber auch da wieder zu schwach und wurde mit einem Schaden abgestellt. War das jetzt ihr endgültiges Ende? Nein, zum zweiten Mal springt sie dem Teufel ab der Schippe. Die Post erinnert sich ihrer und übernimmt sie für ein zukünftiges Museum, wo die PTT-Nummer 1 ihr Lebensende verbringen sollte. Aber es kommt anders, als man denkt - dass Museum wurde nie realisiert. Und wieder steht die Lok vor dem endgültigen Aus. Halt, ein privater Sammler erinnert sich an sie und ihren historischen Wert. Und wieder kann sie dem Teufel ab der Schippe springen und verbringt ihr weiteres Dasein zuerst im Tessin in Bodio und dann später in Le Locle. Leider wurde sie in Arbeit genommen und bei der Sammlungsbereinigung wird wieder ihr Todesurteil gefällt. So wird sie nach Schwyz überführt, wo sie im Zwischendepot auf die letzte Fahrt zum Schrotthändler wartet. Und wieder wird sie gerettet und wird durch einen Liebhaber gekauft und so vor dem Abbruch gerettet. Zum vierten Mal notabene wieder dem Teufel entkommen. So wird sie in mühsamer Arbeit nun doch restauriert und nach vielen tausenden Stunden steht sie wieder wie neu da. Aber das Schicksal schlägt wieder zu. Bei einem Rangierunfall wird sie beim Aufprall in der Halle schwer beschädigt und wieder steht sie vor dem Aus. Sollte das nun ihr Ende sein? Nein, nochmals macht sich der Liebhaber an die Arbeit und stellt die Lok wieder instand. Im Frühjahr 2023 kommt dann die Frage, wohin soll die Lok nun? Im Umfeld der OeBB gab es jemanden, der sich an die Lok erinnerte, da er sie sehr gut kannte aus der Zeit im Gonzenbergwerk Sargans, wo sie einigen Jugendlichen als Spielplatz diente. Erinnerungen werden wach und so wird die Lok abermals verkauft. Im Frühjahr 2023 wurde dann erstmals seit 60 Jahren der Originalmotor von 1930 gestartet und die ersten Testläufe gemacht. Die vielen Stunden mühsamer Arbeit haben sich gelohnt, der Motor läuft tadellos. So steht einem Transport nach Klus nichts mehr im Wege. Am 3. August hat die Lok nach dem Ablad in der Klus wieder Schienen unter den Rädern. Erste Fahrversuche sind erfolgreich und so fährt die Lok nach über 60 Jahren erstmals in eigener Kraft von Klus nach Balsthal. Hier wird sie nun zu gewählten Anlässen der Oeffentlichkeit präsentiert. Fünf Mal ist die älteste Diesellok in Normalspur dem Teufel ab der Schippe gesprungen und repräsentiert nun in Balsthal die frühe Entwicklung der Dieselloks der Schweizer Industrie und inbesondere der schweizerischen Lokomotivfabrik Winterthur SLM. 

Die die sich im Privatbesitz befindende PTT Lok ist aktuell neben dem Depot der OeBB abgestellt.